Toxic's Welt #3 - Michael Moore und Teleshopping

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Toxic's Welt #3 - Michael Moore und Teleshopping

Postby passenger » 2010-07-18 13:49

Okay, eins mal vorneweg: Der gestrige Tag war hart. Extrem hart. Nicht dass ich körperlich ausgelaugt wäre - in einem Sessel rumzuhängen, Telefonanfragen zu beantworten und Belege zu drucken ist nicht gerade dass, was mich am nächsten Tag vor Muskelkater nicht aufstehen lässt (ich jobbe in der Notarztpraxis). Aber ich mach das jetzt seit drei Jahren, und so viele Freaks, die einen mitten in der Nacht rausklingeln, weil ihnen ein Furz querhängt, hab ich noch nicht erlebt. Den Anruf meiner nichtsahnenden betrunkenen Clangenossen, die mich aufheitern wollten, obwohl ich endlich mal schlief (um ca. 05:30 Uhr) will ich hier nicht weiter ausführen.

Back to topic... Der Lichtblick des gestrigen Tages war das Buch, dass ich von einer sehr guten Freundin zum Geburtstag bekam: Michael Moores "Stupid white men". Onkel Pat wollte ja schon vor Monaten was zu dem Teil schreiben, aber wohl erst nach dem fabulösen Homepageupdate. Da die meisten von euch zu diesem Zeitpunkt zum Pinkeln schon nach der netten Heimschwester klingeln werden müssen, greife ich mal ganz dreist vor.

Um mal rumzuprollen, ich hab dieses Buch, dass eigentlich für den kompletten 24h-Dienst reichen sollte, innerhalb von vier Stunden ausgelesen. Was hab ich mich aufgeregt! Zugegeben, Moore spricht mir aus der Seele - ich kann Georgie-Boy nicht ab. Ich mag ihn und seine Berater nicht. Aber mit dem Kram, denn Moore aufdeckt, hätte man vor 100 Jahren Volksaufstände ausgelöst! Es ist echt nicht zu fassen! Von der offensichtlichen Wahlmanipulation mal abgesehen: Ich will hier nicht auf Details eingehen, ich leih euch das Buch gerne mal, aber wenn ich lese, dass ein Pilot einer inneramerikanischen Kurzstrecken-Airline 16.500 Dollar verdient - im JAHR! Was sagt man denn zu so was? Wenn der Kerl Single und schuldenfrei ist und außerdem in seinem Jet übernachtet, ist das ein ganz nettes Gehalt. Aber ansonsten? 1375 $ im Monat... aua.

Was mich laut auflachen ließ, war das Kapitel über das amerikanische Rechtssystem - gut, es ist mein "Fachgebiet", aber jedem mit etwas gesundem intuitiven Rechtsempfinden sollte die Galle hochkommen, wenn er liest, dass laut dem Obersten Bundesgericht der Vereinigten Staaten von Amerika "die Unschuld nicht für Rechtshilfe des Bundes ausreicht". Hallo? Was denn dann? Land of the free, home of the dumb?! Kein Wunder, dass 60% der Amerikaner übergewichtige Fettklopse sind, die sich lieber vor den Fernseher schmeißen, als beim Sport oder als Teilnehmer im Straßenverkehr das Risiko einzugehen, in die Mühlen ihres Justizsystems zu geraten.

Frei nach Frau Feldbusch ist das auch eine gute ßberleitung zu meinem nächsten Thema. Teleshopping. Ja, ich gestehe - ich hab's mir angeguckt. Um 2 Uhr morgens in der Notarztpraxis. Und nach der Lektüre von Moores Buch war das keine gute Idee. Denn ich rede hier nicht von den billigen deutschen Plagiaten, sondern von den guten, amerikanischen Teleshopping-Produkten mit den lustigen Übersetzungen! Und bei diesen Sendungen kann man "Corporate America" live und in Farbe erleben.

Es begann ganz harmlos. Jack LeLanne präsentierte mir den "Power Juicer", den Ferrari unter den Entsaftern. Motto: Gesünder, schöner, fitter. Mhm. Die Barbie-Puppe neben ihm trank dann auch fleißig den frischgepressten Saft aus drei Karotten, einer Zucchini und einer Paprika. "Hm, lecker, Jack!" Jau, ganz toll, denn "nur so" kann man die empfohlene Tagesmenge an Vitaminen reinholen. Nennt mich paranoid, aber nach "Stupid white men" höre ich da überall verdeckte Manipulation raus. Bedeutet nicht die Tatsache, dass der dämliche Entsafter auch die Schale, das Kernhaus etc. zu Mus verarbeitet, dass alle, die das Teil kaufen, auch die Schale der Äpfel, Birnen und was weiß ich noch alles in sich reindrücken? Wer mal Landwirtschaftsflugzeuge Pestizide hat abwerfen sehen, bekommt doch direkt Lust auf einen frischen "DDT-Mix", oder? Aber hier kein Wort davon. "Viel Spass mit Jack LeLannes Power Juicer!"

Danach wurd's noch besser. Denn dann präsentierte mir ein Pärchen, John und eine Frau, deren Namen ich vergessen habe, das "RestForm High-Rise Luftbett"! Hammer! Allein die Idee! Was für ein mörder Teil! Im Prinzip drei Luftmatratzen übereinander. Ohne das Produkt selbst kritisieren zu wollen, das sah schon ganz bequem und toll aus und war vielleicht sogar sein Geld wert. Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel! Wenn ich als Anti-Beispiel zu anderen Notübernachtungsmöglichkeiten zum Beispiel einen Kerl sehen, der sich wie irre mit der Pumpe einer herkömmlichen Luftmatratze abmüht, dann aber bemerke, dass es ihm nur so schwer fällt, weil er SEINEN FUSS auf den Schlauch gestellt hat, frage ich mich ehrlich, wen die hier verarschen wollen. Dazu kommt noch, dass die Räumlichkeiten, in denen das Luftbett aufgestellt wurde, immer offensichtlich Leuten gehören mussten, die ob dreier Gästezimmer kein Luftbett nötig hat. Kerzen, Seidenvorhänge und Wohnzimmer so groß wie die Grundfläche unseres Hauses! Das Sahnehäubchen war ein Pärchen, dass auf dem High-Rise Champagner trank - am Pool! Dazu der Satz: "Wäre es nicht schön, Ihr RestForm-Luftbett an einem lauen Sommertag im Garten zu genießen?" Beflügelt von erwähntem Buch möchte ich folgende Antwort geben: "Ja, John, wäre es. Aber ich wohne in einem schäbigen Plattenbau in Detroit, nicht in einer Villa in Beverly Hills. Hier ist es schweinekalt. Und deine Sendung kann ich nur gucken, weil General Motors letzte Woche 10.000 Stellen abgebaut hat. Sonst wäre ich auf der Arbeit."

Hm, ich habe den Text noch mal überlesen, und ich merke schon, ich hab mich wieder mal zu sehr reingesteigert. Damit habe ich gestern bereits besagte Freundin entnervt. Aber ich kürze das jetzt nicht mehr, QVC zeigt gleich den "Diamonique D Solitairegleiter" - was auch immer das sein mag.

Euer Snake
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